Schweizer Geschichte - Mythos und Wirkung

 

Oberst i Gst David Accola, SC Ter Div 3, informierte 24 interessierte TeilnehmerInnen über die "Schweizer Geschichte - Fakenews and Facts.

 

Bereits in der Ausschreibung ging der Referent auf die Fakenews and Facts der verschiedenen Teilaspekte unserer Schweizer Geschichte, ein.
Wie war das schon wieder mit Tell und Gessler, dem Rütli und dem Bundesbrief, mit Morgarten und dem Heldentod bei Sempach oder an der Calven? Während Generationen wurden diese, zugegeben gut geschriebenen Legenden in der Grundschule vermittelt und prägen bis heute das schweizerische Geschichtsverständnis. Dass in diesen Legenden wenig Wahres zu finden ist, ist wissenschaftlich längst belegt und dennoch: Die Wirkungsgeschichte dieser Mythen hat das schweizerische Selbstverständnis nachhaltig geprägt. Der Referent wagte sich auf ein heikles Pflaster, hat sich aber bemüht, das Geschichtsbild der Anwesenden nicht vollkommen zu zerfleddern.

 

Geschichte umfasst nicht nur das Ereignis als solches, sie umfasst immer auch die Wirkungsgeschichte.

 

Fakten sind nicht immer massgebend: was genau war, ist von untergeordnetem Interesse, wichtig ist was daraus wurde und was wir damit verbinden.

 

Veranschaulicht am Beispiel von General Henri Guisan:
Wenn der Waadtländer Henri Guisan just zurzeit höchster, militärischer Bedrohung seine Truppenkommandanten auf das Rütli befiehlt, um dort den Widerstandswillen der Armee zu manifestieren, dann hat sich der Mythos unserer Gründungsgeschichte definitiv durchgesetzt. Der General war sich der Bedeutung dieses Ortes bewusst, genauso wie er wusste, dass sowohl Schwur und Ort historisch nicht belegbar sind. Aber: für alle war klar, welche Symbolik hinter diesem "Stillen Gelände am See" stand und bis heute steht.

 

Fazit vom Militärhistoriker Hans Rudolf Fuhrer zu seiner Publikation anlässlich der 15er-Gedenkjahre:  
«Wer die Deutungshoheit beansprucht, muss die besseren Argumente haben. Ein ideologisches Schema links-rechts oder progressiv-nationalkonservativ ist nicht hilfreich, sondern führt nur zu politischen Glaubenskriegen. Die Interpretation von Quellen, besonders wenn sie lückenhaft sind, ist immer persönlich, von einem eigenen Gesellschaftsentwurf gefärbt und nie die unumstösslich historische «Wahrheit», höchstens eine verantwortungsvolle Annäherung an die historische «Wirklichkeit».

 

In diesem Sinne hoffte der Referent, den Anwesenden ihren eigenen Gesellschaftsentwurf nicht in dessen Grundfeste erschüttert und ihnen zugleich einen Weg der Annäherung an die historische Wirklichkeit aufgezeigt zu haben.
(Text: Oberst i Gst David Accola)

 

Nach seinen Ausführungen entstand ein reger Austausch von interessanten Fragen und persönlichen Berichten zum Thema. Wir liessen den Abend in gemütlicher Atmosphäre ausklingen.